Pressetext OECD-KiGGS
Kein Grund zur (OECD-)Panik! KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts:
Drei von vier Kindern sind normalgewichtig - doch deren „gefühltes“ Übergewicht wiegt schwerer als Adipositas
Frankfurt, 15.12.09.
In der vergangenen Woche jagte eine Meldung die nächste: „Immer mehr
fettleibige Kinder in Deutschland!" Anlass war die Feststellung der
OECD, hierzulande habe sich der Anteil fettleibiger 15-jähriger Mädchen
von 5,5% in 2001 auf 11% in 2006 verdoppelt1. Bevor in
blindem Aktionismus nun erneut die „Generation der dicken Kinder"
ausgerufen wird, sei hier nochmals an die erste repräsentative Gesundheitsstudie
für Kinder und Jugendliche des Robert Koch-Instituts (RKI) aus 2008
erinnert: 6,3% der deutschen Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis
17 Jahren sind adipös - und 75% haben Normalgewicht2.
Die erschreckende Erkenntnis der KiGGS-Studie des RKI sind sicher nicht die 6% adipöser Nachwuchs. Besorgnis erregend ist viel mehr die Tatsache, dass fast die Hälfte der normalgewichtigen Mädchen ein gestörtes Selbstbild hat: Sie denken, sie seien zu dick. So wundert es nicht, dass gemäß der ersten umfassenden deutschen RKI-Studie zu Essstörungen bereits mehr als 32 Prozent aller 15-jährigen Mädchen essgestört sind3. Ein Grund für das verzerrte Selbstbild der Jugendlichen dürfte neben der allgegenwärtigen Mahnung zu Essdisziplin die Verherrlichung schlanker Körpersilhouetten sein. Hinzu kommt die steigende Zahl nicht evaluierter Esserziehungsprogramme in Schulen und Kindergärten, deren Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung eines gesunden kulinarischen Körpergefühls niemand kennt4. Nachvollziehbar ist die Vermutung, dass dadurch bereits bei kleinen Kindern das Vertrauen in ihren eigenen Körper gestört wird: Sie haben Hunger auf etwas, aber ihr mit pseudowissenschaftlichem Ernährungshalbwissen gefütterter Verstand interveniert: „Nein, das ist doch ungesund!" Die Entwicklung der kindlichen Körperharmonie, des Selbst-Bewussteins und des Vertrauens in die eigenen Körpergefühle Hunger und Lust werden so bereits in jungen Jahren durch den Verstand verstört. Gleichzeitig mahnt im Hinterkopf der „Ruf nach dem propagierten Normalgewicht" und führt zu verzerrter Körperwahrnehmung.
Essgestörte Jugendliche durch ungeprüften Abspeckaktionismus?
Dem RKI zufolge sei also „sehr sorgsam zu überlegen, inwieweit die derzeit allgegenwärtigen Kampagnen gegen das Übergewicht den Anteil der Jugendlichen erhöht, der sich ohne Grund als zu dick erachtet. Dabei geht es um einen sehr großen Anteil normalgewichtiger Jungen und Mädchen, die sich für „zu dick" oder „viel zu dick" halten." Der Vergleich mit früheren Untersuchungen zeigt, dass dieser Prozentsatz in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist. „Damit ist der Anteil derer, die durch eine verzerrte Körperselbstwahrnehmung Einbußen in ihrer Lebensqualität hinnehmen, stärker gestiegen als der Anteil der objektiv Übergewichtigen." Und diese subjektive Einschätzung der Jugendlichen, „viel zu dick" zu sein, „beeinträchtigt die Lebensqualität mehr als eine tatsächlich über den Body-Mass-Index festgestellte Fettleibigkeit (Adipositas)."
Ein derart verzerrtes Körperbewusstsein aufgrund ungeprüftem Abspeckaktionismus kann darüber hinaus zu schwerwiegenden Problemen führen. „Der Zusammenhang eines falschen Körperbildes mit Essstörungen ist nahe liegend und ebenfalls bereits beschrieben", stellen die KiGGS-Autoren fest. Die hohe Zahl von über 32% essgestörter 15-jähriger Mädchen spricht für sich. Vielleicht sind diese Essstörungen eine Ursache für das „OECD-Horrorszenario" der steigenden Anzahl fettleibiger Mädchen, die fixiert auf das aktuelle Schönheitsideal den Kontakt zu ihren intuitiven Gefühlen Hunger und Lust verloren haben - und aufgrund von verstandesgesteuertem Essverhalten und Heißhungerattacken an Gewicht zulegen. Darüber hinaus zeigen die Zahlen der KiGGS-Studie, dass Adipositas stark vom sozialen Status abhängt: 14,6% der 14-17jährigen Mädchen mit niedrigem sozialen Status sind fettleibig, hingegen nur 4,1% aller Mädchen der „besseren Schicht". Weiter kristallisiert sich immer klarer heraus, dass Kinder aus Immigrantenfamilien stärker von Adipositas betroffen sind als deutscher Nachwuchs1,5.
Kindliche Ernährungskurse: Gesicherter Nachweis des Nutzens muss Pflicht sein!
Der Appell an die Gesundheitspolitiker und Ernährungsfunktionäre kann daher nur lauten: Keine flächendeckenden Esserziehungsprogramme für alle Kinder! Und wenn überhaupt, dann nur Projekte, die ihren langfristigen Nutzen wissenschaftlich gesichert nachweisen können. Der abzusehende Kollateralschaden „gestörtes Körpergefühl → Essstörungen → Gewichtszunahme" durch ungeprüfte Ernährungskurse für alle Kinder ist ein zu großes Risiko. Denn dieser unerwünschte Nebeneffekt kann einen möglichen, noch zu beweisenden Nutzen der Kinderprogramme massiv überwiegen. Stattdessen scheint die ganz gezielte Unterstützung für (adipöse) Kinder aus sozial schwachen Schichten und Immigrantenfamilien gefordert. Wie wäre es, genau diesen Kindern mehr Vielfalt und Abwechslung auf den Tellern zu ermöglichen, anstatt dem Nachwuchs kollektiv pseudowissenschaftliche Ernährungshalbwahrheiten einzutrichtern, dessen Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung niemand kennt?
Quellen:
1 Ärzte-Zeitung, 8. Dezember 2009: „Immer mehr Fettleibige Kinder" (z.B. auch auf heute, ZEIT ONLINE, Kölnische Rundschau)
2 Deutsches Ärzteblatt, 6. Juni 2008: „Gefühltes oder tatsächliches Übergewicht: Worunter leiden Jugendliche mehr?"
3 Bundesgesundheitsblatt, 5/6 2007: „Essstörungen im Kindes- und Jugendalter"
4 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22. Januar 2009: „Fette Chance, mageres Ergebnis"
5 apotheke adhoc, 23. Dezember 2008: „Immigrantenkinder öfter dick" (z.B. auch auf n-tv)
Die erschreckende Erkenntnis der KiGGS-Studie des RKI sind sicher nicht die 6% adipöser Nachwuchs. Besorgnis erregend ist viel mehr die Tatsache, dass fast die Hälfte der normalgewichtigen Mädchen ein gestörtes Selbstbild hat: Sie denken, sie seien zu dick. So wundert es nicht, dass gemäß der ersten umfassenden deutschen RKI-Studie zu Essstörungen bereits mehr als 32 Prozent aller 15-jährigen Mädchen essgestört sind3. Ein Grund für das verzerrte Selbstbild der Jugendlichen dürfte neben der allgegenwärtigen Mahnung zu Essdisziplin die Verherrlichung schlanker Körpersilhouetten sein. Hinzu kommt die steigende Zahl nicht evaluierter Esserziehungsprogramme in Schulen und Kindergärten, deren Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung eines gesunden kulinarischen Körpergefühls niemand kennt4. Nachvollziehbar ist die Vermutung, dass dadurch bereits bei kleinen Kindern das Vertrauen in ihren eigenen Körper gestört wird: Sie haben Hunger auf etwas, aber ihr mit pseudowissenschaftlichem Ernährungshalbwissen gefütterter Verstand interveniert: „Nein, das ist doch ungesund!" Die Entwicklung der kindlichen Körperharmonie, des Selbst-Bewussteins und des Vertrauens in die eigenen Körpergefühle Hunger und Lust werden so bereits in jungen Jahren durch den Verstand verstört. Gleichzeitig mahnt im Hinterkopf der „Ruf nach dem propagierten Normalgewicht" und führt zu verzerrter Körperwahrnehmung.
Essgestörte Jugendliche durch ungeprüften Abspeckaktionismus?
Dem RKI zufolge sei also „sehr sorgsam zu überlegen, inwieweit die derzeit allgegenwärtigen Kampagnen gegen das Übergewicht den Anteil der Jugendlichen erhöht, der sich ohne Grund als zu dick erachtet. Dabei geht es um einen sehr großen Anteil normalgewichtiger Jungen und Mädchen, die sich für „zu dick" oder „viel zu dick" halten." Der Vergleich mit früheren Untersuchungen zeigt, dass dieser Prozentsatz in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist. „Damit ist der Anteil derer, die durch eine verzerrte Körperselbstwahrnehmung Einbußen in ihrer Lebensqualität hinnehmen, stärker gestiegen als der Anteil der objektiv Übergewichtigen." Und diese subjektive Einschätzung der Jugendlichen, „viel zu dick" zu sein, „beeinträchtigt die Lebensqualität mehr als eine tatsächlich über den Body-Mass-Index festgestellte Fettleibigkeit (Adipositas)."
Ein derart verzerrtes Körperbewusstsein aufgrund ungeprüftem Abspeckaktionismus kann darüber hinaus zu schwerwiegenden Problemen führen. „Der Zusammenhang eines falschen Körperbildes mit Essstörungen ist nahe liegend und ebenfalls bereits beschrieben", stellen die KiGGS-Autoren fest. Die hohe Zahl von über 32% essgestörter 15-jähriger Mädchen spricht für sich. Vielleicht sind diese Essstörungen eine Ursache für das „OECD-Horrorszenario" der steigenden Anzahl fettleibiger Mädchen, die fixiert auf das aktuelle Schönheitsideal den Kontakt zu ihren intuitiven Gefühlen Hunger und Lust verloren haben - und aufgrund von verstandesgesteuertem Essverhalten und Heißhungerattacken an Gewicht zulegen. Darüber hinaus zeigen die Zahlen der KiGGS-Studie, dass Adipositas stark vom sozialen Status abhängt: 14,6% der 14-17jährigen Mädchen mit niedrigem sozialen Status sind fettleibig, hingegen nur 4,1% aller Mädchen der „besseren Schicht". Weiter kristallisiert sich immer klarer heraus, dass Kinder aus Immigrantenfamilien stärker von Adipositas betroffen sind als deutscher Nachwuchs1,5.
Kindliche Ernährungskurse: Gesicherter Nachweis des Nutzens muss Pflicht sein!
Der Appell an die Gesundheitspolitiker und Ernährungsfunktionäre kann daher nur lauten: Keine flächendeckenden Esserziehungsprogramme für alle Kinder! Und wenn überhaupt, dann nur Projekte, die ihren langfristigen Nutzen wissenschaftlich gesichert nachweisen können. Der abzusehende Kollateralschaden „gestörtes Körpergefühl → Essstörungen → Gewichtszunahme" durch ungeprüfte Ernährungskurse für alle Kinder ist ein zu großes Risiko. Denn dieser unerwünschte Nebeneffekt kann einen möglichen, noch zu beweisenden Nutzen der Kinderprogramme massiv überwiegen. Stattdessen scheint die ganz gezielte Unterstützung für (adipöse) Kinder aus sozial schwachen Schichten und Immigrantenfamilien gefordert. Wie wäre es, genau diesen Kindern mehr Vielfalt und Abwechslung auf den Tellern zu ermöglichen, anstatt dem Nachwuchs kollektiv pseudowissenschaftliche Ernährungshalbwahrheiten einzutrichtern, dessen Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung niemand kennt?
Quellen:
1 Ärzte-Zeitung, 8. Dezember 2009: „Immer mehr Fettleibige Kinder" (z.B. auch auf heute, ZEIT ONLINE, Kölnische Rundschau)
2 Deutsches Ärzteblatt, 6. Juni 2008: „Gefühltes oder tatsächliches Übergewicht: Worunter leiden Jugendliche mehr?"
3 Bundesgesundheitsblatt, 5/6 2007: „Essstörungen im Kindes- und Jugendalter"
4 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22. Januar 2009: „Fette Chance, mageres Ergebnis"
5 apotheke adhoc, 23. Dezember 2008: „Immigrantenkinder öfter dick" (z.B. auch auf n-tv)
Kontakt:
Uwe Knop
Postfach 80 08 73
65908 Frankfurt a.M.
Telefon: 069 / 4300 8525
Fax: 069 / 4300 8524
E-Mail: presse@echte-esser.de
Website: www.echte-esser.de
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